Der Menschenkenner


Böse war er nicht oder war er es? Juno wusste es nicht mehr. Seine Tat war unverzeihlich, aber der Typ hatte es einfach verdient.
Und noch nie hatte er seine Gabe so missbraucht.
„Hallo, Juno. Sei nicht so betrübt, ich weiß er war ein guter Mensch.“, rief die Stimme seiner Freundin Anika oder besser gesagt der Exfreundin seines Opfers…

Juno hatte schon immer gewusst, er hatte eine Gabe, eine ganz Spezielle. Sie war ganz im ganzen ziemlich unnütz als Waffe, denn mit ihr kamen die moralischen Bedenken.
Er hatte die Gabe in Menschen zu schauen, er konnte mit ihnen fühlen, ihre Gedankengänge spüren.
Am interessantesten waren Künstler und fantasiereiche Menschen. Wie sie in ihrer Muße schwammen, war wunderschön. Es gab kaum Vergleichbares in seiner Welt der Maschinen.
Aber auch normale Menschen waren interessant. Ihre Gedanken waren wie Ameisen. Sie wuselten umher nach festen Schema, nach Dogmen, mehr mechanisch wie ein Computer, wie eine Maschine.
Und er war Mechaniker, liebte Maschinen über alles. Nie hätte er gewagt willentlich eine zu zerstören. Bis zu jenem Tag…

„Juno, was ist?“, fragte Anikas Stimme besorgt. Anika, wenn sie wüsste… Ihm kam ein schales Gefühl dem Magen hoch.

Nebenberuflich war er ein anerkannte Künstler, er malte gern, am liebsten Maschinen oder die Gedanken von Künstlern.
Aber er nahm auch Aufträge an, wie zum Beispiel die Deckenmalerei eines Flughafen.
Eines Tages traf er bei einen größeren Auftrag Anika, eine Künstlerin, mit einer Fantasie, so wundervoll, wie er sie noch nie gesehen hatte, fast die eines Engels.
Sie verstanden sich auf Anhieb sehr gut, entwickelten schon bald eine Freundschaft. Und so lud sie ihn zu Hause ein. Was sie nicht wusste, war, dass er in sie verliebt war. Und er auch nicht, er gestand es sich nicht ein.
Denn er wollte ihren Freund nicht verärgern.

Und da geschah es, als sie sich über seine Ansichten über normale Menschen unterhielten, entfleuchte Juno, ein unbedachter Gedanke:
„… normale Menschen sind … wie soll ich sagen? … wie äußerst komplexe Maschinen.“
„Ich bin also eine Maschine?“, erboste sich Arthur, Anikas Freund.
Stille, dann versuchte er den Schaden zu kitten:
„Nein, ich benutze Maschine nur als Sinnbild. Wir wissen Sekunden bevor wir etwas tun,…“
„Deine Erklärung interessiert mich einen feuchten Dreck! Raus!“, brüllte Arthur. Und etwas war in ihm, in diesem Augenblick zerbrochen.

Von da an schien Arthur überall zu sein. Juno fühlte sich verfolgt, selbst zu Hause schaute Arthur einmal zum Fenster rein.
Außerdem weinte Anika häufiger mal, wenn er sie denn mal sah.
Sollte er die Polizei rufen?
Nein, er wollte Rache! Juno spürte seine Hände zu Fäusten verkrampfen.
Rache! Wenn ein Mensch eine deterministische Maschine war, dann war es auch möglich ihn zu hacken. Seine Zunge schien sich zu spalten…

Und es klappte! Als er Arthur mit seiner gespaltenen Zunge ansprach, da wurde er hörig, er wurde zu seinem Sklaven. Zwar war es Juno immer noch unangenehm einen Menschen zu manipulieren, aber der Zweck heiligte die Mittel. Außerdem liebte er Anika über alles.
Zunächst ließ er Arthur sich bei Anika und ihn entschuldigen, dann kittete er die falschen Worte. Sie saßen anschließend häufiger mal bei einen Wein beisammen, wie gute Freunde.
Gute falsche Freunde, wenn die anderen gewusst hätten…
Und das Beste kam noch mit der überwältigenden Dankbarkeit von Anika, weil er Arthur beschwichtigt habe.
So vergingen Monate, als plötzlich in ihm ein dunkler Trieb erwachte.
Woher er kam vermochte er nicht zu sagen. Es war Eifersucht, ein Gefühl, dass er zuvor noch nie verspürt hatte. Warum nur hatte er die Beziehung der beiden gerettet?
Anika hätte ihm gehört, hätte er Arthur nicht manipuliert.
Und nun sollte er für seine gute Tat mit dem Verlust der Liebe seines Lebens bezahlen?
Nicht mit ihm! Nicht für diesen Widerling!
Arthur musste weg, verschwinden aus seinem und Anikas Leben.
Wenn er Arthur dazu bringen würde Anika zu verlassen, würde Anika ihm noch trauen? Nein, sie wäre zutiefst enttäuscht von Männern oder aber sie würde ihn durchschauen und wäre zutiefst angewidert.
Und hacken konnte er sie auch nicht, ihre Fantasie schützte sie wie ein Schild.
Daher gab es nur eine Lösung: Arthur musste sterben, am besten durch einen Gedankenvirus, das perfekte Verbrechen.

„Schatz, woran denkst du gerade?“, Anikas Stimme drang zu ihm, silbern wie die eines Engels. Was hatte er nur getan?
„Ich denke an Arthur. Ich fühle mich so schuldig. Wie er im Wahnsinn dahinsiecht. Seine Schreie und wie abgemagert er nun ist.“
„Juno, du hast doch die Ärzte gehört, er hatte seine Krankheit schon bevor wir uns kennenlernten.“, antwortete Anika mit ihrer sanften Stimme. Wie gut, dass die Psychiater keine Genies waren, die ihm auf die Schliche kommen hätten können.
„Ich weiß.“, murmelte Juno bedächtig. Er musste loslassen. Das Leben wartete und was war schon eine kaputte Maschine? Nur eine Leiche!

Eiskalte Romanze


Das Liebespaar in vollster Lust
er hungrig schleckte
von scheidestief
nach ihrer Brust
In Ekstase sie sich wandt
In seinen Armen
gar haarig schön
An seinem Herz
gar mächtig kalt
als wäre sie
in seiner Gewalt
Bei jeder Windung
nackte Haut
an dichtem Haar
Sie zwitscherte
ganz laut ganz klar
Da setzt er an
zum Nackenbiss
Blut strömte schnell
aus des Halses Riss
Des Vögleins Puls
gar schnell entschwand
Das Biest schaute
zum Bersten gespannt
Ihr Herz ward kalt
wie Eis und Schnee
Da reicht sie ihm
die haarig Hand
und sprintet los
die Jagd begann…