Es stand ein Karton auf dem Dachboden eines verlassenen Hauses. Er war beschriftet mit: „Nicht öffnen, nicht wegwerfen“. Er stand dort schon seit Jahren. Niemand wusste woher er kam oder was sich in seinem Inneren verbarg.
Als ein Verein in dem kleinen, grauen Haus an der Hauptstraße einzog, war die Freude groß. Nie hätten sie damit gerechnet so billig ein Vereinsheim zu mieten zu können.
Vor allem in diesen Zustand. Alles war bereits verfügbar. Fast als hätte das Haus auf sie gewartet.
Die nächsten Wochen waren Michael und die anderen Vereinsmitglieder dabei es sich nach ihren Vorstellungen einzurichten.
Als Michael im Flur eine Lampe an der Decke anbringen wollte, bemerkte er eine Dachbodentür in der Decke.
„Hey“, rief er, „wir haben sogar einen Dachboden.“
Sofort kamen die Vereinsmitglieder angeeilt und man öffnete die Luke.
Der Dachboden war stickig, leer und sauber.
Weder Staub noch Spinnweben waren zu finden, obwohl der Raum schon einige Zeit leerstand. Einzig das Licht funktionierte nicht, sodass Michael auf eine Taschenlampe zurückgreifen musste.
Plötzlich traf sein Lichtstrahl auf ein unscheinbarer Karton. Er stand versteckt im Eck des Raumes.
„Hey hier steht ein Karton von irgendwelchen Vormietern, mit Kram den sie nicht mehr wollen.“, rief Michael, „Lass uns ihn durchschauen und dann wegwerfen.“
Als sie sich dem Karton näherten, sahen sie die Aufschrift: „Nicht öffnen, nicht wegwerfen.“
Der Karton war schwer. Michael ächzte als er sie aus dem Eck in die Mitte des Raums zerrte.
„Wir sollten nicht alle im Dachboden sein, wenn Michael den Karton öffnet. Es könnte eine Bombe oder so sein.“, merkte Tom an.
Dem stimmten die anderen Mitglieder bis auf zwei zu und gingen ihren normalen Aufgaben nach.
Eine Stunde später, wollte Tom nachsehen wie es Michael ging und was sich in der Kiste befand. Als er die Leiter zum Dachboden bestieg, bemerkte er, dass es auf dem Dachboden totenstill war. Vorsichtig spähte er auf dem Dachboden.
Der Karton stand unverändert. Neben ihm lag Michaels Taschenlampe und leuchtete in die Ferne.
„Michael?“
Stille.
„Michael?“
Mit klammer Hand zog er sich herauf und leuchtete den Dachboden mit Michaels Taschenlampe aus. Nichts, kein Lebenszeichen. Michael und die anderen waren verschwunden.
Tom bekam es mit der Angst zu tun. Was auch immer in den Karton war, es konnte Menschen verschwinden lassen.
Vorsichtig, wohlbedacht den Karton nicht zu beschädigen, schob Tom den Karton in die Ecke zurück. Anschließend klebte er ein Schild mit: „Toms Eigentum, wirklich sehr gefährlich“ auf den Karton und erzählte den anderen von dem Verschwinden.
Zunächst wurde er nur ausgelacht, doch als sie Michael anriefen und „kein Anschluss unter dieser Nummer“, bekamen, schluckten sie. Auch wusste Michaels Frau nicht einmal mehr dass es Michael gab. Sie hatte sogar einen anderen Mann. Geschweige denn von seiner Familie, seine Mutter wusste nichts von einen Michael und wunderte sich über den Anruf.
Das Gleiche galt für alle Mitglieder die sich zu der Zeit auf dem Dachboden befunden hatten.
„Was zur Hölle ist in den Karton?“, fragte Tom. Die anderen zuckten.
„Es hieß nur: „nicht öffnen, nicht wegwerfen“. Vielleicht kann ich durch die Löcher des Griffs schauen.“, sinnierte Tom.
Gesagt getan. Mit Spiegeln und einer Taschenlampe durchsuchte Tom den Karton.
Nichts, der Karton war leer. Und dennoch war er so schwer. Achselzuckend stellte er ihn wieder in die Ecke. Manche Rätsel blieben besser ungelöst.
Die Zeit verging, der Verein florierte. Mitglieder starben, neue kamen dazu. Und irgendwann erwischte es auch Tom. Ein Autounfall.
Der Karton geriet mittlerweile in Vergessenheit. Bis nach 50 Jahren einige Vereinsmitglieder ihn entdeckten.
„Tom ist doch vor 20 Jahren gestorben?“, fragte Mike.
„Ja“, bejahten die anderen.
„Dann lass uns doch mal anschauen, was in dem Karton ist.“
„Nein!“, rief man einstimmig. Einige rasten die Leiter hinab, als sich Mike nicht beirren ließ.
Der Rest beobachtete Mike gespannt, als er den Karton öffnete.
Sie sahen wie er staunte und schauten herein. Im Karton war nichts. Mike warf ihn wütend in eine Ecke.
„Moment“, rief jemand, „War der Karton nicht schwer gewesen?“
„Ja“, antwortete Mike verwirrt, „Aber…“
Jemand klatschte. Aus der Ecke kam ein alter Mann:
„Hallo, ich bin Michael, ich hab wie ihr, vor Jahren den Karton geöffnet. Seitdem bin ich in dieser Welt gefangen. Wir sind nicht alleine. Der Karton hat schon seit langer Zeit sein Werk getan.“
Mittlerweile hatten sich die Mitglieder wieder gefangen. Vorsichtig schaute Kevin auf den Dachboden wo Mike den Karton geöffnet hatte. Der Karton stand verschlossen und unversehrt auf dem Dachboden. Von Mike und den anderen keine Spur.
„Ich hab eine Idee: Wir verbrennen den Karton. Wir werfen ihn ja so nicht weg.“, rief Kevin.
Gesagt, getan. Auf dem Gehweg zündeten sie den Karton an. Sahen zu wie er fauchend verbrannte.
„Was auch immer es war, jetzt ist es tot.“, meinte Kevin zufrieden.
Später als er zuhause war, schaltete Kevin den Fernseher an. Viele Sender funktionierten nicht. Und als er einen reinbekam, sendeten sie über Monster, die die Welt tyrannisierten.
„Netter Scherz.“, murmelte er und zappte weiter. Wieder eine Sendung über diese Monster. Und da erkannte er was sich in dem Karton befand. Etwas surrte neben ihm. Ein Rauchfaden materialisierte sich und er sah in das hässlichste Gesicht, dass er je gesehen hatte.
„Danke für das Freilassen!“, zischte der Dämon.
„Gut, dass wir uns in einer Parallelwelt befinden.“, lächelte Kevin, bevor der Dämon ihn köpfte.
Es stand ein Karton auf dem Dachboden eines verlassenen Hauses …